Ehrliches Mitteilen umfasst in Kürze drei Ebenen, zu oder über die man sich austauscht. Um das einmal live in der Praxis mitzuteilen (d.h. ich teile mich in diese Sekunde genau so mit, wie ich es wahrnehme, während ich schreibe):
Ich spüre Kälte im unteren Rücken. Ich spüre eine Verkrampfung im rechten oberen Außenschenkel. Ich spüre im rechten Kopfbereich leichte Kopfschmerzen.
Ich fühle etwas Unsicherheit. Ich fühle Müdigkeit.
Da ist der Gedanke, das hier richtig machen zu wollen. Da denkt es in meinem Kopf, hoffentlich kommt hier kein EM Profi vorbei und kritisiert die fehlerhafte Vorgehensweise. Da denkt es in meinem Verstand: ist doch auch egal, im Internet wird doch ständig rumgemotzt.
Das sind die drei Ebenen der Mitteilung, Körper, Gefühle, Gedanken.
“Ich spüre in meinem Körper” umfasst alle Wahrnehmungen, die den Körper betreffen, die ich so neutral wie möglich mitteile, ohne mich zu identifizieren (das wäre z.B. “Ich habe Kopfschmerzen”).
“Ich fühle” umfasst die emotionale Ebene. Dabei beschreibe ich Gefühle und bin nicht die Gefühle.
Am schwersten ist diese Nicht-Identifikation bei den Gedanken. Deswegen wählt man hier die Beschreibungsformen wie “mein Kopf denkt” oder “da ist der Gedanke, dass”.
Diese Methode ist von Gopal Norbert Klein entwickelt worden und möchte ich hier nicht weiter beschreiben.
Was ich spannend finde, ist die Erklärung, was dabei passiert. Wir begegnen uns mit dem ehrlichen Mitteilen tiefer, und lassen Geschichten und Erzählungen hinter uns. Der/ Die Gegenüber empfindet bei dieser Form weniger Abwehr, und kann offen, ohne Handlungszwang oder Abwehrreflex, zuhören.
Genau das kommt mir aus dem Tantra sehr bekannt vor. Schon oft habe ich mich gefragt, warum wirklich alle Teilnehmer*innen bereits nach sehr kurzer Zeit in den Seminaren mitteilen, sie fühlen sich tief miteinander verbunden. In unseren Herzrunden (Austauschrunden z.B. mit Redestab) geht es auch um ehrliches Mitteilen (nicht im Sinne der Methode, aber letztlich dann doch), und dabei steht immer im Mittelpunkt: wie geht es Dir jetzt. Keine Stories, keine Geschichten. In Ritualen und Begegnungen ist genau das zentral: immer wieder mitteilen, was man/frau will und jederzeit ehrlich sagen, was man nicht oder anders will.
Die Erklärung um die Wirksamkeit der Methode Ehrliches Mitteilen scheint auch im Kontext Tantra zu greifen, … zumindest so, wie wir Tantra verstehen (es gibt eine bunte Palette). Die Feedbacks sprechen von intensiven Begegnungen, tiefen Berührungen und viel gegenseitigem Verständnis. Im Austausch / der kommunikativen Begegnung, ohne unsere Geschichten, die wir mit uns schleppen, ohne die Identifikation mit dem jeweiligen Gefühl oder Gedanken, entsteht eine Lücke zwischen dem Gesagten und mir. Die Identifikation fällt weg und die Freiheit, so oder so darauf reagieren zu können, wird größer. Und umso mehr Handlungsfreiheit in der Begegnung, umso lebendiger, umso weiter kann es gehen.
Das klingt alles banal, teilweise nach Slogans aus der Coachingkiste. Doch das Ausprobieren, das Machen, das Erleben, egal ob beim Ehrlichen Mitteilen oder in der authentischen Kommunikation beim Tantra, … da wird es spürbar.
Ehrlicherweise muss man an dieser Stelle auf den imaginären Beipackzettel verweisen. Bei beiden Formen kommen Emotionen und Gedanken ans Licht, die man zunächst nicht vermutet hätte. Doch genau das ist die Chance: raus ans Licht, gesehen werden und die Heilung einfach geschehen lassen. Ich habe es bei beidem erlebt und es macht im ersten Moment beim Ehrlichen Mitteilen sowie im Tantra keinen Spaß.
Doch dann geschieht etwas, was vorher nicht planbar ist. Das Aufbrechen von Schutzmustern kann schmerzen, führt aber so unweigerlich zu mehr Nähe und Verbindung, dass es sich lohnt, das alles zu spüren.
Also, lets feel now, beim Ehrlichen Mitteilen oder beim Tantra, ganz egal.